Giesskannen
Den Wiedereinstieg finden. Das beschäftigt mich auch heute. Gegen Ende der Sommerpause bauschten sich meine Gedanken zu einem fast unüberwindbaren Turm auf. Was sollte ich als Erstes zeichnen? Wie wieder Tritt fassen? Ich fühlte mich leer von Ideen, völlig ahnungslos. Der Gedankenberg gipfelte in “Ach, mit meinen 40% im Atelier werde ich es ohnehin nie zu etwas Rechtem bringen.” oder “Ob ich es nicht am besten bleiben lassen soll?”. Tatsächlich wurde ich unsicher. Lohnt es sich, weiterhin ins Atelier zu gehen?
Eigentlich kenne ich die Antwort darauf: Anfangen ist der Schlüssel. Einfach anfangen. Es muss nichts Grandioses dabei herauskommen. Einfach machen. Machen, machen, machen.
Auf dem Weg vom Bahnhof ins Atelier komme ich an einem Werbeplakat vorbei, das ganz viele verschiedene Giesskannen zeigt. Und ich nehme das als Inspiration, so profan das scheinen mag.
Zuerst schreibe ich Morgenseiten. Dann gestalte ich eine Seite im Miniskizzenbuch. Nichts Besonderes, aber ich mache. Und das ist die Hauptsache.
Danach suche ich online nach Giesskannen und zeichne diese frei mit dem Fineliner in mein Skizzenbuch, ohne vorzuzeichnen. Da ich nicht ganz zufrieden bin, nehme ich einen zweiten Anlauf:
Diesmal zeichne ich die Formen grob mit Bleistift vor, damit die Proportionen harmonischer sind und ich nicht irgendwo korrigieren muss, wie oben. Die Seite gelingt tatsächlich, und ich freue mich darüber. Lustig ist nur: die erste Seite, so unperfekt sie ist, hat mehr Charme und spricht mich am Ende doch fast mehr an.
Das passierte mir vor ein paar Jahren schon beim Wecker. Ich finde es irgendwie tröstlich, dass das vermeintlich “Perfekte” gar nicht immer das emotional Ansprechendere sein muss.