Wieder anders
Am 12. Juni komme ich in den Effinger, und wieder ist alles anders. Die Kaffeebar ist so gut besetzt wie letzte Woche, aber mein Atelier, der Raum “Rosengarten”, ist wiederum anders eingerichtet. Die Tische stehen nicht mehr einzeln mit grösstmöglichem Abstand im Raum verteilt, sondern wurden zusammengeschoben zu einem einzigen langen Tisch, wie früher. Ich räume also ein bisschen um, damit es am Ende wieder so aussieht wie damals, als ich den Raum eingerichtet hatte. Fast. Ganz geht das nicht.
Heute habe ich ein Bild von drei verblühenden Pfingstrosen im Kopf. Auf Instagram hatte ich ein Foto gesehen, das mich dazu inspiriert; leider wurde es inzwischen gelöscht, so dass ich keine Vorlage mehr habe. So versuche ich es aus dem Kopf. Gerne hätte ich das auf Leinwand gemalt, aber ich bin unsicher, ob ich das aus dem Kopf wirklich schaffe, und nehme daher ein Papier mit Leinwandstruktur.
Und dann passiert etwas Seltsames. Ich male glücklich für Stunden vor mich hin, Schicht über Schicht. Ich fange an mit Rosa und Mintgrün, den eigentlichen Farben, die ich mir vorstelle. Aber dann kommt hier ein bisschen dunkelblauer Kontrast hinzu, hier ein bisschen Dunkelgrün, ein wenig Dunkelbraun am Rand und ehe ich es mich versehe, ist alles viel dunkler geworden. Ich brauche etwas Gelb, um das Ganze aufzupeppen, und am Ende ist das Bild völlig verfremdet. Ich male nochmal mit etwas Rosa und Weiss darüber, bevor ich in die Mittagspause gehe. Weil ich mich des Resultats schäme, obwohl ich sehr glücklich gemalt habe, lege ich eine Zeitung oben drauf. Mir ist bewusst, dass die Farbe noch nicht trocken ist und das Zeitungspapier kleben bleiben wird.
Nach dem Mittag löse ich vom Zeitungspapier wieder ab, was geht. Und dann beschliesse ich, die Situation so anzunehmen, wie sie ist: ich habe mich vom Malen davontragen lassen und meinen Verstand nicht genügend mitbestimmen lassen. Ich schreibe genau diese Geschichte über das Bild. So als Ganzes, mit Text, finde ich es dann doch recht okay. Es ist sicher nicht, was mir vorgeschwebt hatte, aber das passiert eben.
Danach zeichne ich noch einen Graureiher mit Fineliner und koloriere ihn mit Aquarellfarben. Graureiher sehe ich oft auf meinen Spaziergängen im Gürbetal.